Haustüren – Brandschutz

Die Haustür zum Treppenraum muss im Wohnungsbau neben den üblichen Anforderungen an Schall- und Wärmeschutz auch noch umfangreiche Brandschutzanforderungen erfüllen. Besonders im Wohnungsbau von kleineren oder mittleren Projekten fallen diese Anforderungen im Projektalltag oft hinten runter.

Die Brandschutzanforderungen sind in den Bauordnungen der 16 Bundesländer geregelt. Aufgrund des Föderalismus sind leider nicht alle Regeln gleich, aber wenigstens meistens ähnlich. In diesem Artikel werden die Vorgaben nach der Musterbauordnung[1] der IS-Argebau beschrieben, die vielfach Grundlage der länderspezifischen Bauordnung ist. Diese Musterbauordnung ist allerdings nicht baurechtlich eingeführt. Die Anforderungen an Wohnungstüren bzw. Türen in Treppenräumen zu Nutzungseinheiten für Gebäude ab der Gebäudeklasse 3 werden in § 35 (6) MBO beschrieben.

Türen/Abschlüsse von notwendigen Treppenräumen zu

Brandschutzanforderung
an den Abschluss

Bezeichnung nach
DIN 4102-5[2]
DIN EN 13501[3]

  • Kellergeschossen
  • nicht ausgebauten Dachräumen
  • Werkstätten
  • Läden
  • Lager- und ähnlichen Räumen
  • Sonstige Räume und Nutzungseinheiten von mehr als 200 m²

feuerhemmend, rauchdicht und selbstschließend

T30 RS
EI302C5S200

  • notwendigen Fluren
rauchdicht und selbstschließend

RS
C5S200

  • sonstige Räume und Nutzungseinheiten
  • Wohnungen

dicht- und selbstschließend
(nicht BW und NRW, in Bayern vollwandig (s.u.))

D
Sa

In der Vergangenheit gab es auch immer Uneinigkeit, wie der Begriff „dichtschließend“ ausgelegt werden muss. Hierzu gibt es in der MVV TB[3] eine eindeutige Definition:

„Türöffnungen in Wänden notwendiger Treppenräume zu Wohnungen sowie zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten mit einer Fläche bis zu 200 m² müssen dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. Diese Anforderung wird mit Bauteilen (Türen) erfüllt, die die Dichtheit bei Vorhandensein von Rauch im Treppenraum gewährleisten, soweit es noch keine über den klimatisch bedingten thermischen Auftrieb hinausgehenden Druckdifferenzen zwischen Treppenraum und dem abzuschließenden Bereich gibt und der Rauch nicht bis zum unteren Rand der Tür abgesunken ist.“

Türen sind dann dichtschließend bzw. schließen dicht, wenn sie formstabile Türflügel haben und mit dreiseitig umlaufenden dauerelastischen Dichtungen ausgestattet sind. Die Dichtungen (Lippen-/Schlauchdichtung) liegen bei geschlossenen Türen nach dem Einbau sowohl an den Zargen als auch an den Türflügeln an.

Türflügel sind dann formstabil, wenn sie geschlossen sind und Verformungen ≤ 4 mm, bezogen auf die Türflügelebene in Längsrichtung (im Sinne von RAL-GZ 426/1), aufweisen. Für die Außenanwendung müssen zusätzlich das Differenzklima nach EN 14351-1:2006+A2:201621 und die Verformungsklasse nach DIN EN 12219:2000-06 nachgewiesen sein.

Der früher oft verwendete Begriff „vollwandig“ ist im Baurecht nicht zu finden, meint aber nach Einschätzung des Autors die oben aufgeführten Anforderungen, die üblicherweise zu relativ massiven Türblättern führt.

Quelle: www.pixabay.com

Türen sind wichtige Bauteile im Treppenraum und müssen im Brandfall funktionieren. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Einbauanleitungen und Verwendbarkeitsnachweise zu legen. Nur ein korrekt eingebauter Abschluss funktioniert im Brandfall auch. Ebenfalls sind Leitungen und Durchbrüche in unmittelbarer Nähe von Türöffnungen sorgfältig zu planen. Nach den Vorgaben der Muster-Leitungsanlagenrichtlinie[4] (M-LAR) oder auch Verwendbarkeitsnachweisen von Schottsystemen gibt es Vorgaben und Abstandsregeln von Mediendurchbrüchen zu Türöffnungen. Besonders im Bereich der Haustechnikräume kommt es hier immer zu umfangreichen und folgeträchtigen Planungsfehlern.

Der Treppenraum hat als Rettungsweg im Baurecht besondere Funktionen. Er ist auf der einen Seite Fluchtweg für die Bewohner*innen, aber auch Angriffsweg für die Feuerwehr. Alle eingebauten Komponenten müssen funktionieren und den Anforderungen entsprechen, damit die Sicherheit der Bewohner*innen gewährleitet ist.

[1] MUSTERBAUORDNUNG – MBO – Fassung November 2002 ZULETZT GEÄNDERT DURCH BESCHLUSS DER BAUMINISTERKONFERENZ VOM 25.09.2020, www.is-argebau.de.

[2] DIN 1402-5, 1977-09, Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Feuerschutzabschlüsse, Abschlüsse in Fahrschachtwänden und gegen Feuer widerstandsfähige Verglasungen, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen.

[3] DIN EN 13501-1, 2019-05; Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten; Deutsche Fassung EN 13501-1:2018.

[4] MVV TB – Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen Ausgabe 2021/1, www.dibt.de.

Zum Autor: Carsten Willmann ist Diplom-Bauingenieur (FH) und hat als Bau- und Projektleiter bei mehreren Generalunternehmern umfangreiche Erfahrungen im Hochbau gesammelt. Er ist aktuell als Geschäftsführer eines deutschlandweit tätigen Ingenieurbüros mit Standorten in Hamburg, Erfurt und Stuttgart tätig. Er ist Sachverständiger im vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz und Mitglied der Ingenieurkammer BW und in der Fachgruppe Brandschutz aktiv.